Referenten
Vortrag “Ordnung und Unordnung in der Tiroler Fasnacht”
In älteren schriftlichen Quellen werden Fastnachtsbräuche häufig bloß in Zusammenhang mit Sittenwidrigkeit und Verstößen gegen öffentliche Ordnungen erwähnt. Damit die Tiroler „Fasnacht“ (ohne t) und ihre vielfältigen Bräuche die Zeiten überdauern konnten, waren viele Kompromisse insbesondere mit den regionalen und lokalen kirchlichen Herrschaften bzw. die unterordnende Anpassung an jeweilige Machtverhältnisse nötig. Einerseits war die Fasnacht ja immer schon eine Zeit der Umkehrung gültiger Ordnungen, andererseits gliedert sich diese Umkehrung der Ordnung, bei aller exzessiven Wildheit der Fasnachtler in Einzelfällen, spielerisch in bestehende Ordnungen ein. Daraus resultieren so manche Kontraste. So gibt es beispielsweise gegenwärtig noch Formen der Huldigung der „Oberen“, die einerseits auf der Ehrentribüne Platz nehmen dürfen, sich aber andererseits kritischen Spott und politische Satire gefallen lassen müssen. Einerseits werden zahlreiche Fasnachtsumzüge nach überlieferten, sehr peniblen Ordnungsmustern gestaltet, andererseits werden diese im Verlauf einer ritualisierten „Wilden Fasnacht“, meist am Tag nach dem offiziellen Umzug, mutwillig auf den Kopf gestellt. Während es in früheren Jahrhunderten einer gewissen Courage bedurfte, trotz obrigkeitlicher Verbote „in die Fasnacht zu gehen“, ist dies heute bei Einhaltung der behördlichen Sicherheitsbestimmungen und Vorgaben des Versammlungsgesetzes leicht möglich. Dennoch kommt es auch heute noch – bewusst und ungeplant – zu Ordnungsverstößen in aller Öffentlichkeit. Der Vortragende zeigt einige Aspekte seines Themas anhand eigener Videofeldaufnahmen und Materialien von Fasnachtsbräuchen in Tirol auf.